Worte als Waffen: Sinazo „Black Chic“ Peter dichtet und rappt über Township-Alltag, Herausforderungen und afrikanische Kultur. Poesie als Bewusstseinserweiterung – und Therapie.
Wenn Sinazo Peter schlecht gelaunt ist, niemanden sehen und sprechen möchte, schreibt sie ihre Gedanken und Gefühle auf. „Stift und Papier sprechen für mich“, sagt die 20-jährige Südafrikanerin, die in Philippi, einer Armensiedlung am Rand von Kapstadt lebt.

Introvertiert oder schüchtern wirkt die 20-Jährige Spoken Word-Poetin aber nicht – eher selbstbewusst, offen, an jeder Ecke der Township Philippi trifft sie jemanden, den sie kennt. Freunde, ihre Tante, die an einem Stand gerade Fleisch eingekauft hat, oder den jungen Nachbarn, der an einer Hauswand lehnt und eine Zigarette raucht.
Township-Poesie
Auf der Bühne nennt Sinazo sich „Black Chick“ – für sie ein Künstlername der sie treffend beschreibt. Eine schwarze Power-Frau, die ihre Gedanken und Gefühle nach außen trägt, vorliest oder rappt, dadurch Bewusstsein schaffen will für Probleme und Herausforderungen im modernen Südafrika, gerade auch in den Townships.
„Kunst spielt eine Riesenrolle für mich, gerade als junge Frau“, sagt Sinazo Peter. „Mit Spoken Word Poetry kann ich den Leuten Probleme wie Missbrauch von Frauen und Vergewaltigung, aber auch unsere Kultur und unsere Traditionen bewusster machen.“

Auch die Begeisterung für Bildung ist eines ihrer Anliegen. Manche Jugendliche aus den Townships würden zwar Künstler, Musiker, DJs oder Schauspieler werden wollen, aber vergessen, dass sie selbst dafür eine gute Ausbildung brauchen. „Wie wollen sie dann die Verträge lesen und verstehen?“, fagt Sinazo.
Hip und traditionsbewusst
Viele junge Südafrikaner würden sich an globalen Modetrends, einer westlichen Lebensweise orientieren und dabei ihre Wurzeln vergessen. Sinazo findet, dass sich beides vereinen lässt.
Sie schöpft aus dem Vorrat schwarzer Kultur, adaptiert aber auch europäische und amerikanische Kultur, läuft wie ein Hipster herum: modische Kurzhaarfrisur mit an der Seite abrasierten Haaren, schwarzes Shirt mit Print, gestreifter Schal, rotes Jacket, knallgrüne enge Hose, bequeme Schlappen.
Auch ihre Kleidung ist für Sinazo kreatives Ausgangsmaterial: Sie kombiniert Farben, näht um, näht Buttons an, designt auch Armbänder, Handtaschen, Laptop-Taschen.
Poesie als Therapie
Die Poesie entdeckte sie in der Schule als Ausdrucksform für sich. Ihre Klassenkameraden und Sinazo schickten sich gegenseitig kleine Gedichte und Bibelverse auf Papier – irgendwann fing Sinazo an, eigene Stücke zu kreieren.
Als ihre Mutter 2008 starb, verarbeitete sie den Verlust in persönlichen Gedichten. „Ich hatte niemand, bei dem ich mich ausheulen konnte“, sagt Sinazo Peter. „Deswegen habe ich angefangen, über alles zu schreiben.“
Die Gedichte schrieb sie vor allem für sich – erst 2009 fühlte sie sich bereit für ein Publikum. Sinazo Peter alias „Black Chick“ trat bei Open-Mic-Sessions und bei Talent-Shows an, traute sich bei einer größeren Partyreihe ans Mikrofon – „und die Leute liebten mich“, sagt sie. Heute tritt sie regelmäßig auf.
„Nicht alleine“
Poetry hat Sinazo Peters Leben verändert: „Es hilft mir bei Stress, es ist meine Leidenschaft, und ich bin dankbar für mein Talent und dass ich als respektierte junge Frau vor Tausenden Menschen stehen und auch Tabus ansprechen kann.“
Sinazo Peter träumt davon, sich als Künstlerin zu etablieren, eine Marke zu werden als Spoken Word-Poetin und Designerin. Und sie will ein großes Haus haben und ihr Leben mit den südafrikanischen Waisenkindern teilen, deren Eltern oft an AIDS sterben, „denn die Kinder brauchen uns.“
Die Kapstädterin arbeitet im Red Cross War Memorial, einem Kinderkrankenhaus in Kapstadt, macht Therapiearbeit mit Kindern mit Krankheiten wie AIDS, von denen diese teilweise noch nichts wissen. „Ich zeige ihnen auch, wie sie selbst Gedichte schreiben können“, sagt Sinazo. „Ich möchte versuchen, sie glücklich zu machen und ich möchte, dass sie das Gefühl haben, dass sie nicht alleine sind.“